Seit der Spielemesse Essen im Oktober 2007 ist das Brettspiel zu Midgard, entworfen von Lutz Stepponat*, unter dem nicht sonderlich fantasievollen aber zutreffenden Namen „Midgard – das Brettspiel – “ erhältlich.
Die Aufmachung ist wie so oft bei Midgard ordentlich und solide: stabile Karten und Marken, klare Zeichnungen zur schnellen Orientierung. Bei den Illustrationen der Spielfiguren gibt es ein bis zwei Wehrmutstropfen, aber das ist wohl kaum zu verhindern, da jeder sein eigenes Bild von Midgard hat. Einziger Kritikpunkt hier sind die Übersichtsblätter für die Spieler, die auf normalen Papier gedruckt sind und schon nach einem Spiel einen recht geknickten Eindruck machen. Hier wäre ein stabileres Material besser. Ein Pluspunkt sind dagegen die beigelegten Plastiktütchen, die das Sortieren der vielen Marken erleichtern.
Die Regeln werden auf 24 Seiten erklärt und sind von einer für Rollenspieler und passionierte Brettspieler angemessenen Komplexität. Der Gelegenheitsspieler dürfte sich dagegen etwas erschlagen fühlen, ist aber wohl auch nicht Zielpublikum. Wer dagegen Midgard kennt, wird sich mit Prüfwürfen und Widerstandswürfen, Angriff, Abwehr und Zaubern gleich wie zu Hause fühlen.
Der Aufbau der Regeln kommt mehr dem „Einmal komplett Durchlesen“ vor dem Spiel als dem schnellen Nachschlagen während dem Spiel entgegen. Hier würde ich mir noch mehr Übersichtslisten und weniger Fließtext wünschen. Auch ein paar unglückliche Positionierungen (so wird z.B. der Prüfwurf, der zentrale Würfelmechanismus des Spiels, ziemlich spät und etwas versteckt auf derselben Seite wie das Zaubern erklärt) machen das Leben unnötig schwer. Ein paar kleinere Unklarheiten und Fehler wurden inzwischen zum Teil durch eine Errata behoben.
Am Spiel selbst fiel mir zunächst positiv auf, dass der Spielplan aus 12 Stadtkarten besteht, die bei jedem Spiel neu miteinander kombiniert werden können, was meines Erachtens vor allem für Vielspieler einen zusätzlichen Anreiz schafft. Weiterer Pluspunkt: Bei den Spielfiguren hat man die Auswahl aus fünf vorgefertigten Figuren (Krieger, Magier, Glücksritter, Priester und Barde), kann sich aber auch eine eigene Spielfigur schaffen.
Das Spiel selbst besteht daraus, mit seiner Spielfigur von Stadt zu Stadt zu reisen und (zunächst) die Aufgaben der Städte (jeweils 3 Stück) zu erfüllen. Hat man dadurch die ersten Goldstücke und Erfahrungspunkte gesammelt, kann man in den Städten auch neue Ausrüstung kaufen oder seine Eigenschaften steigern. Nachdem man in einer Stadt die zweite Aufgabe erfüllt und damit den Schatz der Stadt erworben hat, kommen die Abenteuerkarten ins Spiel.
Spätestens hier kommt ein weiterer interessanter Aspekt des Spiels hinzu, nämlich die Möglichkeit, Gruppen zu bilden. Eine Gruppe kann aus bis zu 3 Spielfiguren bestehen, wobei eine Figur die aktive ist, während die anderen beiden diese Figur bei ihren Aktionen unterstützen. Auf diese Art lassen sich auch Abenteuer höherer Grade bestehen und die Belohnung wird mehr oder minder gerecht geteilt. Abenteuer bieten auch die beste Möglichkeit, Erfahrungspunkte zu bekommen und Grade aufzusteigen. Wer einen neuen Grad erreicht, hat die Möglichkeit, in einer Stadt eine neue Fertigkeit zu erlernen.
Neben diesen und weiteren Möglichkeiten sollte man aber nicht das Ziel des Spiels aus dem Auge verlieren. Es gilt nämlich, als erster 5 Prestigepunkte zu sammeln und somit zu einer Legende Midgards zu werden. Prestigepunkte kann man auf viele verschiedene Arten erwerben, sei durch das Sammeln von Schätzen und Artefakten, durch hohe Eigenschaften, dass alleinige Bestehen von Abenteuern oder Bezwingen von Schatten (gefährlichen Gegnern, die eine ganze Stadt blockieren).
Fazit
Midgard – das Brettspiel – ist ein abwechslungsreiches und faccettenreiches Spiel, das den Spielern viele Möglichkeiten bietet und auch taktischen Tiefgang hat. Für Midgard-Spieler bietet das Spiel natürlich zusätzliche Anreize, da ihnen viele Begriffe und Regelmechanismen bekannt vorkommen werden. Insofern ist es auch gut geeignet, um Einsteigern in das Rollenspiel Midgard die Kenntnisse der Regeln auf eine unterhaltsame Art nahezubringen. Aber auch Brettspieler, die sich für komplexe und taktische Spiele begeistern können, sollten hier auf ihre Kosten kommen. Ein paar kleinere Schwächen in Aufmachung und den Regeln tun dem Spielspass jedenfalls keinen Abbruch.
7 von 10 Mörderpinguinen (Migdardspieler und solche, die es werden wollen, können ohne Bedenken nochmal einen Punkt dazuzählen)
weiterführende Links
Phantastische Spielewelten, offizielle Seite des Spiels
allgemeine Diskussion und Regelfragen im Midgard Forum
*Lutz Stepponat zeichnet sich auch für das Brettspiel „Rückkehr der Helden“ und seine diversen Erweiterungen verantwortlich.